Für diesen ereignisreichen Herbst lohnt sich ein Blick auf die Börse. In Westeuropa setzen sich zunächst Hochsee-Logistik-Spezialisten an die Spitze. General Convoy und Vereinigte Geleit & Co zeigen ein deutliches Umsatz-Plus wegen der gestiegenen Nachfrage nach Konvois im Atlantik und der Nordsee. In England brummen die Stahl-Werte. Die französische Marine bleibt im Mittelatlantik präsent und lässt damit englische Werft-Kurse steigen. Der Armeenabzug an die Westeuropäischen Außenposten verursacht derweil Gewinnwarnungen bei französischen Lieferanten für Infanterie-Bedarf: Mehr als eine Armee ist bei derart guten Beziehungen zu Deutschland wohl nicht zu erwarten.
In Frankfurt beobachtet man die diplomatischen Zickzackkurse mit gemischten Gefühlen. „Auwei Dänemark fällt wie erwartet in englische Hände“ (Synchronisations-Studios der Ufa in Kopenhagen machen dicht, ab sofort gibt es ausländische Filme nur noch mit Untertitel), und „Hurra Belgien ist befreit“ (Dönerbuden und Schnellkoch-Ketten atmen auf, endlich können größere Pommes-Importe erwartet werden). Man fühlt sich wieder sicher auf deutschen Straßen, seitdem hier Armeen patrouillieren (im Frühjahr Ber-Mun, jetzt Mun-Kiel). Massenproteste jedoch bei der Bremer Vulkanwerft, die eine Absage für Flottenbauten in Nordwestdeutschland hinnehmen musste. Liegt das an der Funktionsuntüchtigkeit der zuletzt produzierten Flotte, die zur Zeit vor Holland ankert? Diese konnte sich nicht mal zu einem Support für Ruhr-Bel aufraffen. Insgesamt sind die Broker in Frankfurt dennoch optimistisch: Das Auswärtige Amt hat gut gearbeitet, Frankreich verhält sich friedlich, und Englands Skandinavienpläne bedrohen eher Russland.
Leicht nach unten geht der Trend denn auch in St. Petersburg. Die russischen Aktien leiden unter den Umsatzrückgängen in den neu entstandenen Krisengebieten in Schweden, Rumänien und am Schwarzen Meer. Der Einzelhandel schlägt Alarm, zumal nun laut Regierungsdiskret auch noch Mozartkugeln und türkische Gewürze aus den Regalen verbannt werden. Die sinkende Kaufkraft der verängstigten russisch stämmigen Bevölkerung zieht auch die beiden traditionellen, sonst eher konservativen Grundversorgungs-Wertpapiere Krüml Konditorei und Wodka Gorbatschow nach unten. Regionale Förderungen sind knapp, zur Zeit werden 1-Jahres-Pläne für StP und Moskau abgewogen. Zu mehr als einem Aufbau wird es nicht reichen. Die türkischen Basare beeinträchtigt das nicht. Massig Fisch kommt auf den Tisch, seitdem man das schwarze Meer für sich hat. Und die Kooperation mit der österreichischen Regierung lässt auf umfassende Zollunion für den Vielvölker-Balkan hoffen.
In Italien konnte unser Korrespondent keine Meinung zu all dem einfangen. „Eh wie, Börse?“ war nur der Kommentar des italienischen Wirtschaftsministers (der auch gleichzeitig Minister für Korruptionsbekämpfung und Präsident des NOK ist). Ion frei, keine Sorgen, keine Gegner, keine Probleme im Handel. Das könnte sich aber ändern, falls sich Ankara und Konstantinopel weiter dermaßen Händchen halten. Apulien übt schon mal für einen Einmarsch in Griechenland, und eine Armee in Tirol hat auch mehrere Optionen. Vielleicht laufen geheime Programme für Massenvernichtungswaffen in Venedig für einen Überraschungsangriff auf Österreich-Ungarn. Doch wir erwarten eher die Auslieferung einer Flotte in Nap. Die lassen’s locker angehen in Rom und bauen erst mal ihr Fußballstadion zuende, bevor sie mit dem Börsengebäude anfangen.