Leserbrief eines Unwissenden

Von Philip Groth

Nun hat sie also begonnen, die DM-Finalpartie!
Ein Aufschrei in allen Foren, ein Link auf der Hauptseite von Ludomaniac und eine Menge erleuchteter Kommentatoren Scharen sich um die Sieben Durchlauchten am heiligen Brett der Bretter. Das Geschriebene ist witzig, der Link funktioniert (wohl), das grosse Bild der Partie ist nirgends zu finden und - keiner traut sich was!

Es stellt sich heraus, dass DM-Partien grundsätzlich Kuschelpartien sind, ob auf dem Brett, hinter den Kulissen oder im Studio.
Der Effekt: Die Hauptkommentatoren küren alle sieben Spieler zu Siegern, die Gastkommentatoren geben sich diese Blöße erst gar nicht; keiner der Spieler kommt über den sechsten Platz hinaus. Was wollen sie uns sagen? "Schade, meine Damen und Herren, diese Finalpartie wird wegen mangelndem Enthusiasmus abgebrochen." Schade, wirklich Schade. Wo ist der Pepp? Wo sind die wilden Vorhersagen? Wo ist der Glaube an diese Partien, in denen der Österreicher mit 3 VZ im Herbst 1905 schon praktisch begraben dann doch noch das Blatt wendet? Kommt noch? Aber ich bitte Sie! Wenn sich keiner der Kommentatoren
traut, nach dem ersten Zug eine Prognose abzugeben, dann ist das - naja, diplomatisch eben, aber nicht im Sinne des reisserischen Journalismus des 21. Jahrhunderts.


Da werden in Berlin die Frauen entführt und erst gegen eine Lösegeldforderungen in Höhe von 100 Dönern und zwei VZs wieder freigelassen, während ganz Ludo eine Laola nach der anderen tanzt! Ich gehöre nicht dem Kreis der Erleuchteten an! Ich bin ein armer dummer Bauernjunge, und deswegen darf ich mir folgendes Erlauben, ich glaub's zwar selbst kaum...aber ich mach's:

Philip's Prognose zum Spielende:
1. England - Klasse Eröffnung, gute Statistik, ein No-Brainer

2. Deutschland - Interessante Wahl, oder? Aber sehen wir auf die Karte: ein Freundschaftgeschenk an England, der Franzose zappelt sich selber aus, der Italiener ist bekannter Kuschelspieler, der Russe findet im Süden sein Glück und der Ösi macht mit. Keine Feinde, einen starken Freund, was will der zweite Platz mehr?

3. Russland - steht (noch) solide, nichts ungewöhnliches. Aber die sicheren Züge sind ja (nicht nur bei Diplomacy) meistens nicht die Schlechtesten. Nur - zu mehr reicht's halt nicht: Ein guter Dritter.

4. Frankreich - Schon schwächer. Von einem Franzosen erwartet man drei Aufbauten im ersten Herbst - mindestens. Da aber Frankreich nunmal ein starkes Land ist, gibt's den gnadenreiche Vierten!

5. Osmanien - Ja, ich geb's zu, ich war am zaudern. Aber der Russe zieht zu solide und der Österreicher hat sich auch nach Osten orientiert, da wird's eng für unseren armen Südländer. Daher - leider nur den Fünften.

6. Österreich - Chancenreich, vor allem mit einem Kuschelitaliener im Rücken, aber da ich Deutschland nunmal auf den zweiten Platz gevotet habe, bleibt für Österreich kein Platz an der Sonne!

7. Italien - Kuschler haben keine Chance. Den Franzosen in Piedmont auflaufen zu lassen ist viel lustiger und beschert auch gleich den richtigen Pepp. Sorry, aber Italien ist nie Favorit - zumindest nicht meiner. Gehen Sie nicht über Los und...ach nee, falsches Spiel!

So, ich hab's getan. *Schluck* Jetzt werde ich wohl für alle Zeiten die Eselsohren aufgesetzt bekommen. Aber was sein muss, muss sein und gekuschelt wird bei mir nicht! Jetzt ab zurück ans Brett und Ellenbogen gerieben im Glanz der Guten und
Schönen.

Wir hören uns!
Philip Groth.

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