Meister nach knappster Entscheidung aller Zeiten

Was haben wir gerechnet, getiftelt und geschwitzt. Gut, geschwitzt haben wir nicht alle, aber die Finalisten auf jeden Fall, nur so ist die verlängerte Deadline zu erklären. Jedenfalls steht jetzt fest: Jochen Englert ist Deutscher Meister 2004. Wie es dazu kam weiß wie immer die tatz...

Es sah ja nicht gut aus für den Jochen, eine Auswertung vor Ende. Bei allen Szenarien hatte Frank hauchdünn die Nase vorn. Gut, es gab ein paar 50:50 Entscheidungen, aber Ber schien zu fallen, und mit einem friedlichen Italien und einem guten Näschen für die Verteidigung des Sultans hätte der Zar den Titel eingeheimst. Was ging schief für Genosse Hui? Italien zog friedlich nach Ven zurück, in Ankara bewies er den richtigen Riecher und einverleibte sich sein neuntes Zentrum. Allein: Berlin wollte sich nicht ergeben.

Und da sind wir auch schon bei der unheimlichen Allianz zwischen England und Frankreich. Was bewog den Briten, Ber zu halten? Hätte er Kie angegriffen, wäre Hui Meister geworden. Also galt es, zunächst den sicher scheinenden Russen von seinem zehnten VZ fern zu halten. Gleichzeitig konnte zwischen F und E ein todsicherer Plan ausgearbeitet werden, der beiden neun VZ brachte. Torsten hätte auch bei einem Nicht-Einhalten der offensichtlich versprochenen Zügen nicht mehr als neun VZ bekommen können. Also kein Grund, Jochen in der letzten Runde nochmal zu verraten.

Oder? Wenn man davon ausgeht, dass die beiden ziemlich viele Züge miteinander ausgetauscht haben müssen, um zu einerm derartigen Plot zu gelangen, dann hätte Torsten mit einem Verrat an Frankreich sich noch Chancen auf den Titel ausrechnen dürfen. Frankreichs Züge, wiewohl im E/F-Plot ausgezeichnet und offensichtlich absolut tauglich, waren in der Situation außerhalb des diplomatischen Kontexts eher unbrauchbar. Eine simple Kombination von Hol s Eng-Bel und Bal-Kie hätte Torsten noch auf 10(!) Zentren gepusht. Einziger Knackpunkt: Auch Russland wäre dadurch nach Berlin und somit auf 10 gekommen, allerdings musste Frank dafür erst mal in Osmanien die richtige Entscheidung treffen.

Das hat man in England entweder nicht gesehen, oder man hat die Garantie für Frankreichs Sieg einem 50:50 über entweder Sieg für England oder Sieg für Russland vorgezogen. In beiden Fällen ist es richtig, dass der Titel nicht nach England vergeben wurde.

So dürfen wir Jochen zum Titel gratulieren. Zum verdienten Titel, da der französische Präsident offensichtlich von allen Teilnehmern am besten mit der nervenaufreibenden Finalsituation klar kam, die wenigsten Feinde am Brett hatte, in den wichtigen Situationen kühlen Kopf und Nerven wie Drahtseile bewies und ganz einfach eine gute Partie geliefert hat. Eine gute Partie mit einem denkbar knappen Ergebnis.

Lass die Korken knallen, Jochen, Deutscher Meister in irgendwas wird man nicht so leicht, immerhin gibt es 80 Millionen oder so von euch. Wir von der tatz trinken mal ein Gläschen auf dich, und reihen uns ganz ans Ende der Warteschlange, um dir die Tatze zu schütteln.

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