3... 2.... 1.... Stäääääb!
Wir befinden uns im Anflug auf das DM-Finale 2004. Bitte stellen Sie das Rauchen ein, bringen Sie Ihren Sitz in eine aufrechte Position, und halten Sie Ihr Popcorn in Reichweite, denn es wird kaum Atempausen geben um aufzustehen. Was nicht unbedingt am Spielverlauf liegen muss, sondern eher am Dolby Surround Gequäke – also daran, dass dubiose Gerüchte und haltlose Spekulationen aus der bequemen Position der unwissenden Zuschauer (wie uns) zum Endspiel gehören wie der Abschenker zum Halbfinale und der Mais zur Pfanne.
Dem Erzeugen, Erlauschen und Auswerten dieser amüsanten Hintergrund-Geräuschkulisse
widmet sich die Boulevard-Redaktion der tatz. Leserbriefe willkommen! Vermischt
wird dies mit der „Hardware“ der Partie: Mit den Analysen der Karten
und Züge durch die Strategie-Redaktion, unserem Think-Tank für unqualifizierte
Kommentare und irrelevante Statistiken.
Zum Explodieren kommt diese ohnehin schon übelriechende Mischung aber erst
durch das Öl in der Pfanne - der Meinungs-Redaktion: Wir scheuen keine
Kosten und Mühen, um die werten tatz-Leser mit skandalösen Interviews
beleidigter Stab-Opfer, Kommentaren prominenter Ex-Finalisten und sonstigen
Nebensächlichkeiten zu versorgen. Besonderes Augenmerk legen wir dabei
auf gezielte Desinformationen aus dem „Inner Circle“ (amtierende
Herrscher dementieren das Offensichtliche und behaupten das Unmögliche).
Was in der Regel spätestens am Ende einer solchen Partie die Vermutung
aufkommen lässt, dass nicht einmal die, die es wissen sollten, jemals eine
Ahnung gehabt haben, was eigentlich abgegangen ist. Womit wir bei den Spielern
wären.
Martin Z.: „Ich spiel Fun mit meinen Verbündeten und Power gegen meine Gegner.“
Fungamer, Powergamer, Solist und Drawspieler, Kuschler und Abschenker – diese Begriffe können wir nun getrost ablegen. Denn im Finale gibt es keine Verwandten, keine Geschenke und kein Mitleid. Die Augen der Öffentlichkeit ruhen auf den Kontrahenten, jede Bewegung wird dokumentiert und analysiert, kein Fehler bleibt unbemerkt. Nervosität und Übereifer werden sich breit machen. Niemand will einstecken oder eine Chance verpassen – was meist zu einer seltsam unkoordiniert wirkenden Spielweise führt. Es gibt nur einen Gewinner und 6 Verlierer. Einen Thron, und 6 Sklaven die den Wind zufächeln. Keine zweiten Plätze, keine zweiten Chancen, keine Gnade. Vor diesem Hintergrund scheinen die Spieler nur zu gern ihre Souveränität abzulegen und zu tollwütigen Wölfen zu werden. Und wir sehen ihnen beim Zerfleischen zu. Genug der Vorrede. Ladies and Gentlemen – Party on!
Das Trio Berlinale und das Rest-Quadrupel
Was zeigt uns der Blick auf die Teilnehmerliste? Ein Wiederholungstäter, Frank Oschmiansky RUS, der der Welt noch zu zeigen hat, wie man ein gutes Finale spielt. Das erwarten wir auch von ihm, denn er ist als Vorjahresfinalist und Highscore-Siebter das, was man aus Ermangelung an echten Stars einen Favoriten nennen muss. Immerhin führt er schon vor dem Start mit 4 VZ... wenn das nicht nach Kill the Leader schreit?
Zu ihm gesellt sich DDL-Erstligist André „Rudi“
Ruddeck ITA, der seine letzten Center beim Halbfinal-Solo (18 Center
1908 in DM427) nach eigener Aussage geschenkt bekommen haben will. Macht nichts,
André, denn haben wir schon erwähnt, dass Gerede und Geschehen nirgends
so weit auseinander liegen wie in einem DM-Finale? Solo gleich gefährlich
gleich Zielscheibe... das hätten wir uns früher überlegen müssen!
Frank und André starten nicht nur in der berüchtigten Russland-Italien-Zangenposition.
Nein, damit nicht genug - sie sind beide Berliner und kennen sich aus zahlreichen
FTF-Treffen, und sie haben auch noch einen „Landsmann“ als gemeinsamen
Nachbarn:
Komplettiert wird das „Trio Berlinale“ nämlich von Robert
Hilger TUR, der nach der Absage von Clara Bretschneider als beste Frau
nachgerutscht ist (oder als bester Zweiter?). Sein Favoritenstatus resultiert
jedoch nicht nur aus seinem Wohnort, sondern auch daraus, dass er einerseits
so harmlos und unbeschrieben wirkt, als wäre er ein Außenseiter,
aber andererseits schon ein Dutzend Partien bei Ludo gespielt hat und momentan
die Top 30 des Highscores bevölkert. Da muss mehr dahinterstecken. Sieht
man nur sein vorm Monitor grübelndes Gesicht in der Datenbank-Galerie,
weiß man alles!
RUS, ITA, TUR... Naaaa riechen wir da ein Eastern Triple? Oder schlagen sich
die drei aus Lokalneid gleich die Köppe ein? Und was sagt Österreich
dazu?
Peter Haag AUS
Der Mann aus Heidelberg mit einer Vorliebe für lange Partien, die ihm als
Donau-Monarch sicher zu Gute kommen wird. Hält er sich an die Grundsätze
der KuK-Monarchie (mauscheln, musizieren, heiraten) kann er es in diesem Finale
weit bringen. Gegenüber den anderen Mitbewerbern hat er den Vorteil, dass
ihn absolut niemand auf der Rechnung hat. Was man aber mit ein bisschen System
und knackigen Griechen auf die Beine stellen kann, wissen wir immerhin seit
Rehhakles. Hisst die Segel, und ab nach Griechenland, sagen wir; dieser Kaiser
hat noch viel vor...
Udo Mathar GER
Geht’s nach der Datenbank, dann sehen wir einen glorreichen vierten Platz
des deutschen Kaisers. Die Plätze 1-3 sowie 5 hat er bereits ausprobiert.
Warum wissen eigentlich die Wenigsten etwas von diesem Geheimfavoriten, der
immerhin als einziger altersmäßig mit dem Zaren mithalten kann? Selten
hat sich jemand so unauffällig ins Finale gestohlen; aber die Unauffälligen
sind oft die Besten. Wer weiß? Vielleicht fragt sich die deutschsprachige
Dippy-Community nach diesem Finale: „Wer hat eigentlich die schwarzen
Steine geführt? Und wann ist der Kerl so stark geworden...?“
Definitiv ein Favorit, wenn’s nach uns geht...
Jochen Englert FRA
Die diplomatische Vita des Stuttgarter Teilnehmers liest sich wie die eines
Wunsch-Schwiegersohnes. Immerhin wartet sie mit drei Siegen und einem zweiten
Platz auf.
Jochen, Du weißt: der zweite zählt hier nicht, das ist der erste
Verlierer des Finales...
Auch bei Jochen haben die Rasenden Bären der tatz erstmal auf Granit gebissen;
keine Vorstrafen, keine Leiche im Keller, keine schmuddeligen Details über
Jugendsünden ließen sich ans Tageslicht bringen. Der Mann ist wie
geschaffen fürs Diplomatische Bankett.
Äh...: Parkett.
Ein Favorit? Die tatz sagt: ja.
Torsten Thum ENG
Torsten vertritt, last but not least, als Einziger das im Vorjahresfinale so
stark vertretene Ruhr- und Rheingebiet. Bei Recherchen bekamen die bärigen
Schreiberlinge der tatz dann plötzlich feuchte Augen und heiße Wangen:
Torsten hat nicht nur bereits drei Partien auf Ludomaniac für sich entschieden,
nein, er hat zwei dieser drei Partien auch mir England gewonnen. Wenn das kein
Omen ist – der Mann weiß, wie man mit Flotten umgeht!!! Auch wenn
es Unglück bringen mag: die tatz legt sich fest: dieser Mann ist Favorit!!!
Zusammenfassend sind sich die brummenden Reporter einig: Jeder einzelne Mitspieler ist Favorit! Hier sind durchwegs Spieler am Brett, dies drauf hätten, die deutschsprachige Diplomacy-Welt vor vollendete Tatsachen zu stellen. Ein Jahrhundert-Endspiel also. Und kein Beckett oder Beckham, der die Finger im Spiel hätte. Bärig!
So, und nun mögen die Spiele beginnen. Wir pilgern zum nächsten Wettbüro, und platzieren ein paar Töpfchen Honig. Auf den Sieger!
Viel Spaß mit dem Finale und seinen Dramen, Komödien, Schicksalen
und Intrigen.
Und viel Spaß mit der tatz (und ihren Dramen...),
wünschen
Balu und Baa
Die rasenden Bären